Chronik 1246 – 1848

Die Geschichte der Bürgergarde Gengenbach ist naturgemäß aufs engste mit dem Schicksal der ehemals freien Reichstadt Gengenbach verbunden.

Als Im Jahre 1246 der Straßburger Bischof Heinrich von Stahleck die Stadt mit einer Mauer umgab war auch ein Wach- und Ordnungsdienst zum Schutz der Bürger aufgestellt.

Dieser Wache die im Laufe der Jahrhunderte die Namen Bürgerwache, Bürgerwehr, Bürgermiliz, Landmilitz, Schützencorps, Stadtmilitär, Husaren-Corps, Jägercorps, Bürgerliche Soldaten, Bürgermilitär und als letzte vor der Auflösung Bürgergarde erhielt, waren alle Männer von 18 bis 65 Jahren verpflichtet. Der jeweilige Kommandant war der Stettmeister. (mittelalterliche Bezeichnung für „Bürgermeister“)

Eine der frühsten Aufzeichnungen, eine Eintragung im amtlichen Ratsprotokoll vom Jahre 1460 besagt:

Die Stadtsoldaten waren auch bei kriegerischen Auseinandersetzungen im Einsatz, so zum ersten mal im Jahre 1395, als durch Zollstreitigkeiten die Straßburger vor den Toren aufzogen aber erfolgreich abgewehrt wurden.

  • Ein Jeglicher, der seine Wohnung und Besitz als ein Bürger zu Gengenbach haben will, soll schwören, unserer Stadt und Gemeinwesen getreu und hold zu sein, ihren Schaden zu wenden, Nutz und Frommen zu werben und Schultheiß, Meister und Rat daselbst gehorsam sein und ihr Gebot halten.
  • Und wenn man Sturm läut, so soll der Bürger am Tage vor die Ratstub kommen mit seinem Gewehr und Gewappnet und Schultheiß, Meister und Rats Gebot und Befehl getreulich gehorsam sein. Wer aber außerhalb der Stadt sesshaft ist, soll nachts an die Stadttore kommen und den Befehl von Schultheiß, Meister und Rat gehorsam sein.

Am 9. Mai 1525 kam ein wilder Haufen vor die Tore der Stadt, der im Bauernkrieg plündernd durch die Lande zog. Auch hier konnte sich das Bürgermilitär erfolgreich verteidigen. In den friedlichen Zeiten gehörten folgende Dienste zu den Aufgaben des „Stadt-Militärs“. Innerhalb der „Muren“ Wach und Ordnungsdienst, Feuerwache, Überwachen der Märkte, Schutz der Sonntagsruhe und ähnliche polizeiliche Aufgaben Außerhalb der Stadtmauern war der Streifendienst zu verrichten, bei dem „Diebsgesindel, Marodeure und Vagabunden“ dingfest zu machen waren.

Besondere Aufmärsche waren nur an großen Festen zu sehen, wobei aus der mittelalterlichen Zeit zu nennen sind: Der Schwörtag, der Feiertag der Zünfte im Juni, der Georgs-Markt im Frühjahr und Martini Martkt im Spätjahr, dann die kirchlichen Feiertage:Korpus-Christi (Fronleichnam), St. Jacobi und St. Anna im Juli, St. Katharinentag am 28.11. An letzterem Tag wurde auch die Wahl des Stettmeisters im Grossen Rat durchgeführt, der zugleich wie bereits schon erwähnt zugleich der Kommandant der Bürgerwehr war.

In den alten Ratsprotokollen des 15. und 16. Jahrhunderts ist von Uniformen noch nichts erwähnt, doch ist aus den Aufzeichnungen zu entnehmen, dass die Bürger beim Wachdienst neben Bandolier und Säbel bestimmte Abzeichen trugen. Lediglich der Hut war von einheitlicher Form, der mit einem Federbusch geziert war.

Außer der Bürgerwache hatten nur noch die Ratsherren das Recht, geschmückte Hüte zu tragen Der Hut galt als das Symbol der Macht, der Federbusch war das Zeichen der Freiheit. Jeder geschmückte Hut musste von der Bürgerschaft gegrüsst werden, gleichgültig wer sein Träger war.

Im Jahre 1607 begehrte die „Schützengesellschaft“ ein neues Schützenhaus. Der Kommandant wurde Schützenmeister genannt. Durch den Sieg über die Franzosen am Annatag 1687 wurde dieses Fest als besonderer Feiertag der Bügermiliz begangen.

In der Zeit von 1618 – 1648, während dem 30-jährigen Krieg, wurde die Stadtmiliz verstärkt in Anspruch genommen durch Verdoppelung der Wachen und Abwehr feindlicher Horden. 1634 erfolgte der Einfall der Schweden, wobei die Stadt geplündert und angezündet wurde. Der zeitgenössische Chronist Pater Feinlein merkt hinzu, „das nit ein einzig Hüsli übrig blieb“. Über die Schreckenszeit der Schweden schweigt das Ratsprotokoll von 1634-1637, da keine Sitzungen stattfanden und auch keine Aufzeichnungen vorhanden sind.

Bürgergarde Gengenbach - mittelalterliche Rekonstruktion

mittelalterliche Rekonstruktion um das 16 Jahrhundert

Ein weiteres Kapitel bei dem die Bürgerwehr einer Übermacht chancenlos unterlegen gegenüber stand, war die Brandschatzung am 8. September 1689 durch die französischen Truppen. General Melacs hatte den Auftrag von Ludwig XIV. erhalten, „alle rechtsrheinischen Festungen zu schleifen“, was für Gengenbach fast die vollständige Zerstörung bedeutete.

Die Stadt und hiermit die Bürgerwehr erholten sich hiervon nur sehr langsam. Erst im Jahre 1705 war die Ordnung wieder hergestellt. Im Jahre 1715 wurde vom Rat der Stadt angeordnet „fürderhin 2 Rotten mit Unter- und Obergewehr auf den Jahrmärkten für Ordnung zu halten „.Stadtschreiber Dornblüth hat um die Zeit von 1720 alle bestehenden Eide und Ordnungen in eine neue Fassung gebracht. In diesem Bürgerrecht war auch die Pflicht, dass jeder Jungbürger, sowie auch die zugezogenen Neubürger aus eigenen Mitteln ein Ober- und Untergewehr und einen Feuereimer zu stellen hatten.

Neben Repräsentationen gehörte die Feuerschau und das Löschwesen zu den Aufgaben des Stadtmilitärs. 1722 erlässt der Rat eine Schützenordnung, die eine Anweisung an die Zünfte enthält, sich regelmäßig am Schießen zu unterrichten, „dass jeder mit seinem Gewehr hantieren und richtig gebrauchen kann“. Im Sommerhalbjahr wurde allsonntäglich ein Schießdienst in Gruppen und bestimmten Regeln eingeteilt.

Bürgergarde Gengenbach - Alter Stich von Gengenbach

Alter Stich von Gengenbach

Hierbei erfahren wir aus dem Jahre 1723 zum ersten mal von einem Musikzug des Bürgermilitärs, denn „Zum Schießrain wurde mit Fahnen, Pfeifen und „Trummbeln“ abmaschiert. Jede Zunft musste hierbei den eigenen Schützenkönig ermitteln.

Im Jahre 1740 war die Frau Markgräfin von Baden und Rastatt in Gengenbach zu Gast. Der Rat ordnete an, den hohen Gast mit 60 Mann am Ortenberger Bann abzuholen und bei der Ankunft 24 Böller auf dem Bergle abzufeuern.

Außer der Bürgergarde wird im Jahr 1754 auch eine Miliz genannt, die von wohlgewachsenen Bauernbuben in roten wollenen Hemden spricht. Es war die Landwehr aus den Talgemeinden, die auch eine Reitergruppe unterhielt.

Auch erst im 17. Jahrhundert wurde eine genaue Kleider-Ordnung bei der Bürgerwehr eingeführt und grüne Uniformen angeschafft. Die Offiziere der Bürgerwache trugen abgestufte gold- und silber-gestickte Blätterverzierungen am Kragen. Bei Paraden und feierlichen Anlässen wurden von den Miliz-Soldaten außerdem Schärpen in den Stadtfarben weiss-rot getragen.

1763 wurde Prälat Jacob Trautwein vom Weihbischof in Straßburg als Abt eingesetzt. Der Rat beschloss hierzu „Die Bürger sollen unter dem Niggeltor paradieren. 60 Bauernbuben sollen in Ihren roten wullenen Hemden auf dem Laubenplatz in der Ordnung stehen und das Gewehr präsentieren. Die Reiter erhalten neue Monturen.“

Beim Empfang des Baron v. Bender, k.u.k. „Generalfeldmarschall“ im Jahre 1784 hält die Miliz dem Gast zu Ehren ein Schießen ab. Im gleichen Jahr zieht auch die Bürgerwache in das neue Rathaus ein. Der Zwölfer und „Stettmeister“ vom jungen Rat Lienemann trug als Kommandant der Bürgergarde den Namen „Stadtkapitän“.

Schwere Jahre hatte das Bürgermilitär um das Jahr 1792. In diesen Wirren wurde die Bürgerwehr durch die Eingliederung von Landmilizen aus umliegenden Ortschaften, umfasst 150 Mann aufgerüstet. Auf dem „Mercyschen Hof“ wird eine Kaserne eingerichtet. Auch werden neue Gewehr beschafft. Im Jahre 1802, ein Jahr vor der Säkularisation und somit dem Ende der freien Reichstadt, werden neue Monturen „für das hiesige Militär“ beschafft.

Nach Auflösung der Freien Reichstadt gibt der Stettmeister das Kommando über die Bürgermiliz ab. Von da ab wird erstmals ein Bürger außerhalb des Rats zum Kommandant gewählt. Sein Name lautete Jakob Wernert. Aus den sieben Stabsgemeinden entstanden vier politische Gemeinden. Der neue Staat verlangte das Weiterbestehen der Bürgergarde. Zusammen mit den neuen Gemeinden wurden 200 Mann Militär unterhalten. Die großherzogliche Vogtei war in allen Dingen jetzt bestimmend.

Zur Hochzeit des Kurprinzen von Baden-Durlach mit Prinzessin Stefanie im Jahre 1806, ergeht die Anweisung, mit dem Musik-Corps zu paradieren, Böller und Salven zu geben.

Erst um 1820 begann wieder aktives Leben in dem damaligen Jägercorps. 1830 wird die Anschaffung einer neuen Fahne beschlossen. Des weiteren beschließt der Rat, dass bei jeder Heiratsbewilligung 12 Gulden für die Ausrüstung bezahlt werden müssen.


Unter Kommandant Lauterwald wurde 1832 die von der Stadt gestiftete Fahne geweiht. Seit jener Fahnenweihe gab man sich den Namen „Bürgergarde“.
Auch wurden die „Gesetze des bürgerlichen Jägercorps“ ministeriell genehmigt.
Hierdurch wurde jedes Mitglied „auf seine Bürgerpflicht bekräftigt und thätig dazu beizutragen, dass sie im Innern unserer Stadt und den Kreis unserer Familien gegen Übel, welche Ihm von Auswüchsen der menschlichen Gesellschaft zugefügt werden können, gemeinschaftlich schützen werden.“
Diese Gesetze regeln alles mit großer Genauigkeit, was zum gesamten Dienst gehört.

Diese Satzung trat am 11 Oktober 1830 in Kraft. Das Corps bestand derzeit aus zwei Offizieren, einem Regimentsquartiermeister, einem Feldwebel, acht Unteroffizieren, einem Tambour-Major, einem Kapellmeister, 26 Musikanten und 32 Soldaten.

Die Uniformbeschreibung aus dieser Zeit entspricht der heutigen Uniform mit dem Unterschied, dass das Corps im Winter schwarz/graue Hosen aus Tuch trug. Der Preis der Uniform betrug 15 Gulden und musste von jedem Soldaten selbst entrichtet werden.

Die Dienstzeit war auf 6 Jahre festgelegt. Nach dieser Zeit konnte er sich neu verpflichten. Im Jahre 1837 wird die Bürgergarde mit 95 Mann angegeben und der Gemeinderat legt folgende vier Punkte als Aufgaben dieser fest:
Streifendienste; Jahrmarktwache, Erhaltung der öffentlichen Ordnung und Ruhe. Durch Ausrücken werden Fremde angezogen. Dies zur Zierde, es gereiche Gengenbach zur Ehr.

Im Revolutionsjahr 1848 hatte die Bürgergarde Gengenbach eine Stärke von 220 Mann. Die Stadt kaufte zur Verteidigung 200 neue Gewehre. Da die bereits vorhandenenen Gewehre bisher im Salzmagazin gelagert wurden, waren diese größtenteils voller Rost. 1849 wurde nochmals mit einem Darlehen die Bürgergarde und vor allem die Landmiliz ausgerüstet. Das preußische Infanterieregiment besetzte vom 3. – 5. Juli 1849 die Stadt und nahm bei ihrem Abzug das Pulver mit und zerstörte alle Waffen. Auf staatliche Anordnung musste die Bürgergarde aufgelöst werden.

Die Uniformen übernahm die Stadtmusik, die sich fortan Blechmusik nannte. Aus den Reihen der Bürgergarde fanden sich 50 Mann zu einer Löschmannschaft. So sind aus der ehemaligen Bürgergarde die Stadtmusik und die Feuerwehr herausgewachsen.

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